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Pozarevac / Serbien

Dorf am Autoput in Serbien (Schnellstraße)
Dorf am Autoput in Serbien (Schnellstraße)

Der Ruhetag in Belgrad war gefühlt tatsächlich ein Ruhetag,  obwohl ich wieder einige Km abmarschiert bin. Ein bisschen Gymnastik am Donaustrand, um mal wieder andere Muskeln zu belasten, nochmal durch die Fußgängerzone wegen einer Sim-Karte,  danach ein Bier und Abhängen in meiner 'Good People' - Unterkunft. 

In den Kneipen am Rand der Innenstadt ist am Abend die Hölle los, die Serben scheinen richtige Feierbiester zu sein. Aber andererseits sind die Innenstädte der großen Städte Scheinwelten, welche die Realitäten im Land nicht ganz wieder spiegeln. Hier sitzt das Geld, es regiert der Glitzer, mit dem Leben abseits der Großstadt hat das nichts zu tun.  


Den Ruhetag habe ich auch genutzt,  einen neuen Plan zu schmieden.  Bisher lag die weitere Strecke ab Belgrad eher in einem Graubereich. Dass ich nach Athen will, war von Anfang an klar, nur der Weg dahin lag noch ein bisschen im Dunkeln.  

Stisi hat mich dann draufgebracht, dass sich in Belgrad der Eurovelo 6 (Atlantik - Schwarzes Meer) und der Eurovelo 11 (Norwegen -Athen) kreuzen. Damit war klar, dass ich ab Belgrad nur den EV 11 - Schildern folgen muss. Wobei einem auch hier bewusst sein muss, dass dieser Fernradweg eher eine gute Idee als tatsächlich ein richtiger Radweg ist. Aber wie auch schon beim EV 6 begreifen die Anlieger nach und nach, dass dies auch eine Chance für ihren Tourismus ist und gelegentlich doch in die Pötte kommen,  was den Ausbau als Radweg anbelangt.  


So bin ich also heute morgen guter Dinge, ein neues Ziel zu haben. Wobei auf den ersten 60 km EV 6 und 11 noch identisch sind. 

Wie immer wirds aus der Stadt raus wieder ein bisschen chaotisch.  Warum soll das in Belgrad anders sein. Im Stadtverkehr ohne Radweg bis zur Donaubrücke und dort auf einem löcherigen Fußgängerweg drüber. 

Drüben geht es dann direkt auf den Grasdamm mit einigen Überraschungen.  Dafür bin ich dann ab Pantschowa auf der Hauptstraße unterwegs.  Irgendwann fahre ich auf einen anderen Radler auf, wir unterhalten uns ein bisschen,  soweit das bei dem Verkehr möglich ist. Er ist Schweizer aus Zug,  hat ab der Donauquelle den Donauradweg gemacht und will noch weiter in Richtung Sofia. Dann trennen wir uns wieder an einem Supermarkt,  weil ich noch Proviant aufnehmen muss. 

Irgendwann wird es ziemlich schwarz vor mir. In Kobin, wo sich der EV 6 und 11 dann endgültig trennen,  suche ich vorsichtshalber schon mal ein Dach, wo ich mich unterstellen kann.  Im Ort werde ich nicht fündig, aber danach an einer Fabrikanlage,  die völlig leer zu stehen scheint.  Die ersten Blitze gehen bereits nieder, dann folgt der Regen. Es ist Ohrenbetäubend.  

Nach 45 Minuten ist alles vorbei.  Ich befinde mich jetzt auf einem sog. Autoput, einer Schnellstraße, die gleich danach die Donau überquert, für mich jetzt das letzte Mal. 

Die EV 11-Schilder sind da, aber von Radweg keine Spur. Wenn man dann so zwischen den LKW eingekeilt dahin radelt, von Loch zu Loch, von einer Pfütze zur nächsten und diesen ganzen Dreck in den Ortsdurchfahrten sieht,  kommt man schon mal ins Philosophieren. Irgendwann ist bei uns gehörig alles in die falsche Richtung gelaufen. Prio 1 hat der Verkehr, danach die Industrie,  ganz weit hinten kommt der Mensch. Vielleicht hätte es mal einen Zeitpunkt gegeben,  wo man noch eine Wende hätte einleiten können. Der Verkehr raus aus dem Lebensraum der Menschen. So wie es jetzt ist, macht der Verkehr alles kaputt. Aber weil ja jeder mit seiner Kiste direkt vor seiner Haustür parken muss, ist das nicht mehr zu schaffen. 

Ein Campingplatz ist in nächster Zeit nicht mehr zu erwarten,  ich werde mich wohl mal wieder auf eine Aussenübernachtung einstellen müssen. In Pozarevac habe ich 106 km auf der Uhr, ein Lidl steht mal wieder da und ich schau interessehalber nochmal bei Booking.com.  Eine Ferienwohnung für 18 €. Da kann ich schlecht ablehnen.  Der Einkauf wird nochmal verschoben,  ich radle direkt zu der Adresse,  nur 560 Meter von meinem Standort entfernt. Die Vermieterin erwartet mich schon am Gartentor. So kanns gehen. Es wird ein gemütlicher Abend bei selbstgekochten Nudeln und ohne Schnarcher in meiner Nähe. 


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